21.05.2021

Der „Gotteshelm“ neu beleuchtet

Ein Atheist schrieb mir: ***Es gibt ein Gerät, das wird „Gotteshelm“ genannt. Gläubige machen damit „esoterische Erfahrungen“ (entlang ihrer eigenen Religionsvorstellungen) und „erkennen“ dadurch ihren jeweiligen „Gott“ (oder seine „Gesandten“). SIND diese nun real vorhanden? Nein, es sind lediglich stimulierte Reize des Gehirns, die dies oder das auslösen KÖNNEN, denn kurioserweise „erfahren“ Atheisten die sich das Ding auf den Kopf setzen lassen, überhaupt keine „esoterischen Erfahrungen“.****

Ich kenne das Gerät, folgendes dazu:

Ein Wissenschaftler hat in den 80er Jahren ein Gerät entwickelt, das mittels Magnetspulen bestimmte Gehirnregionen des Menschen anreizt – und damit, tata, religiöse Erfahrungen hervorruft. Man nehme noch die Aussagen von Persinger hinzu, wonach dieses Experiment „belege“, dass Religiosität „nur“ durch „Mikroanfälle von Schläfenlappenepilepsie“ hervorgerufen werde – und fertig ist der Schenkelklopfer für die Masse. Wenn aber Ergebnisse als vermeintlich wissenschaftlich vermarktet werden, dann sollte im Laufe der Jahre aber auch ein Minimum an kritischer Diskussion berichtet werden. Um nur einige wenige Einwände zu nennen:

1. Persinger betrieb die ersten Studien mit Studenten, die wussten, worum es geht und von ihm benotet wurden. Kein ideales Experimentdesign.

2. Er sperrte sich lange gegen unabhängige Kontrollstudien. Wo sich unabhängige Beobachter doch unter den Helm setzen durften, fielen die Ergebnisse sehr kontrovers aus. Beispielsweise berichtete die Religionskritikerin Susan Blackmore von „Ärger, Wut und Angst“, Schwäche und Desorientierung – und riet dringend von der Helmnutzung ab.

3. Als ein Team um Pehr Granqvist an der Universität Uppsala schließlich das Konzept des Gotteshelmes in einer Doppelblindstudie überprüfte (und diese Studie in den Neuroscience Letters veröffentlichte) – stellte sich heraus, dass auch Probanden, deren Helm gar nicht „aktiviert“ worden war, religiöse Erfahrungen berichteten! Hier lag also ein klassischer Placeboeffekt vor: In einer isolierten Umgebung, mit der gespannten Erwartung, dass „etwas“ passieren konnte, passierte oft auch „etwas“ – vom Gehirn selbst induziert.

4. Auch die philosophischen Aussagen von Michael Persinger wurden leider nur oberflächlich rezipiert. So mancher erfreute sich daran, dass Persinger das „God Concept“ als eine „dumme“, ggf. sogar gefährliche Illusion zu entlarven meinte. Nur wenige aber lasen sein Buch „Neuropsychological Bases of God Belief“. Denn Persinger schloss aus seinem neurobiologischen Reduktionismus messerscharf, dass ebenso das „Self Concept“ – also die Vorstellung von Individualität, Willensfreiheit etc. -erledigt sei! Daher sei also nicht nur Gott, sondern auch der „Ich-Begriff“ illusionär und schädlich, also aufzugeben, um die Zukunft der „Menschheit als Spezies“ zu sichern. Sein Vorschlag für sein „wissenschaftliches“ Menschenbild: „Wir müssen uns selbst sehen, jeder von uns, als das, was wir sind: biochemische Systeme, die Verhaltensmuster aufweisen.“ Kein Wunder, dass so mancher „diesen“ Teil nicht lesen oder gar drucken wollte – Gott wollte man gerne widerlegt sehen, aber doch bitte nicht die eigene Würde und Individualität…

So viel zum Gotteshelm.

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